Internationaler Hurentag am 02.06.2017:
Sven Warminsky: Das Prostituiertenschutzgesetz schützt nicht, sondern kriminalisiert und diskriminiert
Zum internationalen Hurentag, welcher am 02. Juni 2017 begangen wird, erinnert die AIDS-Hilfe Sachsen-Anhalt e.V. daran, dass am 01. Juli 2017 das neue Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft tritt. Mit der bundesweiten Einführung werden »erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe«(*1) geschaffen.
Kern des Gesetzes ist unter anderem die Einführung einer Erlaubnispflicht für die Betreiber und Betreiberinnen von Prostitutionsstätten, eine Anmelde- und gesundheitliche Beratungspflicht für die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sowie eine Kondompflicht für Freier.
Die Anmeldepflicht verletze wichtige Grundrechte von Menschen, die freiwillig der Prostitution nachgingen, etwa die Berufsfreiheit oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies gibt es in keinem anderen Beruf in Deutschland. Überwachungsbefugnisse, Kontroll- und Betretensrechte für zuständige Behörden sowie Bußgeldvorschriften sind ebenfalls im Prostituiertenschutzgesetz verankert.
»Das Prostitutionsschutzgesetz verdient diesen Namen nicht. Es schützt nicht, sondern kriminalisiert und diskriminiert. Gut gedacht ist eben noch lange nicht gut umgesetzt.«, sagt der Landesgeschäftsführer der AIDS-Hilfe Sachsen-Anhalt e.V., Sven Warminsky.
Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind immer noch von vielfältiger Diskriminierung und Stigmatisierung betroffen. Deshalb arbeiten viele in der Anonymität. Sie führen ein Doppelleben, oftmals wissen Partner und Partnerinnen und Freunde nichts von ihrer Tätigkeit. Aus unserer langjährigen Erfahrung aus der Beratungsarbeit wissen wir, dass die Wahrung der Anonymität unabdingbar für den Zugang zur Beratung ist. Sie ermöglicht eine Vertrauensbasis die eine zielführende Beratung im Sinne von Selbststärkung und Selbsthilfe zulässt.
Das Gesetz sieht u.a. keine Möglichkeit vor, einen Beistand zu der Anmeldung mit zu nehmen. Begründet wird dies damit, dass sich Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter »...in Anwesenheit mitgebrachter Begleitpersonen ggf. nicht unbefangen äußern würden oder einer fremdsteuernden Einflussnahme (...) ausgesetzt wären«. Somit wird ihnen die im Behördenumgang rechtlich verankerte Möglichkeit verweigert, eine Vertrauensperson als Begleitung zu wählen.
»In Sachsen-Anhalt sind die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter zusätzlich verunsichert und benachteiligt, da es noch immer kein Ausführungsgesetz gibt. Das Land der Frühaufsteher hat hier den Wecker nicht gehört und verschlafen.«, so Warminsky weiter.
Für Interviews steht Ihnen der Landesgeschäftsführer der AIDS-Hilfe Sachsen-Anhalt e.V. Sven Warminsky sehr gern zur Verfügung.
1) "Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen" vom 21.10.2016, S. 2
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